Den Schussablauf kann man in mehrere Phasen einteilen. Einerseits entspricht dies dem tatsächlichen zeitlichen Ablauf, andererseits erleichtert es das Erlernen und Kontrollieren der Schießtechnik, weil wesentliche Punkte nacheinander "abgehakt" werde.
Diese Aufgliederung ist gleichzeitig der erste Schritt für ein erfolgreiches Mentaltraining. Die nachfolgende Gliederung soll einen Überblick über die Grundelemente des Schussablaufes geben. Die einzelnen Punkte werden in den nächsten Folgen dieser Serie eingehend besprochen.
Ein fester, stabiler Stand ist die Grundlage jedes Schusses. Dies gilt im Besonderen für das Schießen im Gelände. Wann immer es möglich ist, wird darauf geachtet, dass die Stellung der Füße konstant ist. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang auch die Gewichtsverteilung sowie die Körperhaltung und -spannung.
Das Einlegen des Pfeiles erfolgt beim erfahrenen Schützen ohne allzuviel nachzudenken. Der Anfänger hat hier auf die Position der Leitfeder, den sicheren Sitz der Nocke auf der Sehne sowie die Lage des Pfeils auf der Pfeilauflage zu achten.
Die Finger werden an der richtigen Position "eingehakt" (vor allem beim Stringwalking). Release-Schützen achten auf das korrekte Einhängen des Releases und eventuell auf die Einrichtung des Peep-Sights.
Der Sitz der Bogenhand wird unter leichter Spannung des Bogens eingerichtet. Die Lage der Hand am Bogen bzw. in der Griffschale sowie die Druckverteilung werden überprüft. Die Finger umfassen locker den Bogen.
Der Bogen wird bis zur Waagrechten angehoben. Die Bogenschulter wird in ihrer endgültigen Stellung "eingerastet". Körper und Bogen sind so zum Ziel ausgerichtet, dass nach dem Ausziehen nur mehr möglichst kleine Korrekturen notwendig sind.
Der Bogen wird zügig gespannt. Die Hauptarbeit leisten dabei die Rückenmuskeln. Alle bisher "abgehakten" Bestandteile des Schussablaufes (Bogenschulter, Haltung des Oberkörpers, Druck in der Bogenhand, Griff der Zughand usw.) bleiben so weit wie möglich unverändert.
Das Ankern ist die endgültige Ausrichtung von Körper und Bogen zum Ziel. Zum "hinteren Anker" gehören das Positionieren der Zughand, das Einrichten der Sehne und die Korrektur der Neigung des Bogens (Berührungspunkte, Sehnenschatten, Peep-Sight, Wasserwaage). Das Einrichten des Visiers bzw. der Pfeilspitze auf das Ziel bezeichnen wir als "vorderen Anker".
Wenn die Ausrichtung erfolgt ist, werden gleichzeitig die Konzentration auf das Ziel und die Spannung der Rückenmuskeln erhöht. Beim Klicker-Schützen ist dies deutlich daran erkennbar, dass der Pfeil weitere zwei bis drei Millimeter zurückgezogen wird, bis der Klicker fällt. Bei Schützen ohne Klicker (darunter fallen Compound- genauso wie Langbogenschützen) kommt es ebenfalls zu einer Erhöhung der Rückenspannung, eine Bewegung des Pfeils ist aber in der Regel kaum zu sehen.
Das Lösen erfolgt im Augenblick der höchsten Konzentration auf das Ziel. Konzentration und Körperspannung sollten die Auslöser für den Schuss sein. "Äußere" Reize (z.B. das Berühren des Gesichts mit der Sehne, der Anblick der Pfeilspitze im Gold) sind als Auslöser denkbar ungeeignet! "Lösen" bedeutet (für Fingerschützen), dass die Finger schlagartig entspannt werden.
Das Lösen ist eigentlich nur ein Moment des Übergangs zwischen der Spannungserhöhung und dem Nachhalten. Die Spannung in allen Muskeln mit Ausnahme der Finger und die Ausrichtung des Körpers bleiben auch nach dem Lösen solange erhalten, bis der Pfeil im Ziel einschlägt. Ein korrektes Nachhalten ermöglicht es, zu kontrollieren, was vor dem Lösen und im Augenblick des Lösens geschehen ist.
Mit zunehmender Beherrschung der Schießtechnik gehen die Phasen fließend in einander über. Die grundsätzliche Struktur bleibt aber erhalten.
In Zusammenhang mit dem aus dem ersten Teil der Serie bekannten Diagramm kommt den Punkten unterschiedliche Bedeutung zu. Je enger der erlaubte Bereich der Technik ist, um so entscheidender ist in der Regel ein reproduzierbarer, gleichmäßiger Ablauf, und um so stärker machen sich Fehler im Schussergebnis bemerkbar.